Mit einem hauchdünnen 4,5:3,5-Sieg für die Gmünder endete das Spitzenspiel bei der ersten Mannschaft der Stuttgarter Schachfreunde am 4. Spieltag der Oberliga Württemberg. Dabei legten ausgerechnet Andreas Weiss und Philipp Bergner, die beim letzten Aufeinandertreffen die 4:2 Führung noch zum 4:4 verdorben hatten, den Grundstein für den Erfolg. Doch der Reihe nach:
Am Spitzenbrett konnte sich Petr Velicka zwar keinen Eröffnungsvorteil gegen Mark Kvetny erspielen, erreichte gegen seinen starken Gegner jedoch problemlos eine Punkteteilung. Wenig später stand es 1:1, denn auch Josef Jurek konnte am 2. Brett einen weiteren halben Punkt beisteuern. Mit den schwarzen Steinen sah er sich mit einem gefährlichen Bauernopfer seines Gegners Igor Neyman konfrontiert. In der entstehenden unklaren Stellung wählten die beiden Spieler schließlich den sicheren Ausweg des Remis.
Kurz darauf ging Gmünd erstmals in Führung: Philipp Bergner hatte gegen Andreas Strunki an Brett 3 eine aggressive Variante gewählt, gegen die sich der Stuttgarter etwas unorthodox aufgebaut hatte. Als sich Andreas Strunski zudem eine grobe taktische Unsauberkeit leistete, konnte Philipp eine vernichtende Initiative entfalten. Als auch ein Figurenopfer nichts am andauernden weißen Königsangriff geändert hatte, hatte Strunski genug gesehen und gab die Partie auf.
Stuttgart gelang zwar zunächst der 2:2 Ausgleich - Walter Pohl hatte in seiner Begegnung gegen Elias Gotfried an Brett 7 früh seine Königsstellung schwächen müssen, was dem Gegner zunächst einen Bauern und dann auch noch eine unwiderstehliche Aktivität einbrachte - doch kurz darauf ging Gmünd erneut mit 3:2 in Führung. Andreas Weiss hatte an Brett 5 geschickt seine Aktivität am Damenflügel mit der geschwächten Königsstellung seines Gegners Martin Hofmann verbunden. Die taktische Überlastung der schwarzen Stellung brachte ihm einen Figurengewinn und direkt im Anschluss den Sieg ein.
Es sollte die letzte Partie sein, die einen einigermaßen normalen Verlauf nahm, denn an den restlichen Brettern brach nun das Chaos aus. Thomas Lang hatte an Brett 6 mit den schwarzen Steinen keine ausreichende Aktivität gegen das grundsolide Spiel seines Gegners Daniel Nunez Grégoire entwickeln können und war schließlich in ein verlorenes Turmendspiel geraten. Und Marco Prillwitz hatte an Brett 8 gegen Nicholas Reus einen Bauern geben müssen. Zwar versprach die geschwächte weiße Königsstellung eine nie endende Kompensation, doch zwei Niederlagen an den Brettern 6 und 8 schienen absolut im Bereich des Möglichen zu liegen. Wie nun damit umzugehen war, musste sich Andreas Hönick an Brett 5 gegen Rolf Fritsch fragen. Andreas schien gut aus der Eröffnung gekommen zu sein, fand dann aber im Mittelspiel nicht die besten Züge und fand sich schließlich mit einem Turm gegen 2 Leichtfiguren und weiteren 2 Minusbauern im Hintertreffen. Als Rolf Fritsch in Zeitnot eine der Figuren hatte geben müssen, besserte sich die Lage merklich und Andreas' Turm hatte nur noch gegen den feindlichen Springer zu kämpfen Zudem wirkten 2 der 3 gegnerischen Mehrbauern recht anfällig. Theoretisch musste die Stellung Remis sein, doch schien sie gewisse praktische Chancen zu bieten. Angesichts der unsicheren Lage des Mannschaftskampfes lehnte Andreas das ihm vorliegende Remisgebot also ab und spielte auf Sieg.
Doch nun trat eine der vielen spektakulären Wendungen des heutigen Mannschaftskampfes ein. Daniel Nunez Grégoire war sich seines baldigen Sieges möglicherweise zu sicher geworden. Mit einem raffinierten Patt-Trick konnte Thomas den gegnerischen Freibauern eliminieren und eine völlig ausgeglichene Stellung erreichen. Lange konnten sich die Gmünder dieses Umstandes jedoch nicht erfreuen, denn an Brett 4 ereignete sich derweil eine Katastrophe. Andreas Hönick hatte mittlerweile realisieren müssen, dass seine Stellung nicht mehr zu gewinnen war und bot seinem Gegner großzügig Remis an. Zu seinem Entsetzen gabelte dieser aber stattdessen mit seinem Springer Andreas' Turm auf. Andreas blieb nur die Aufgabe und Stuttgart glich erneut zum 3:3 aus. Als Thomas mit einer akkuraten Verteidigungsleistung das Remis in trockene Tücher gebracht hatte, musste in einer wilden Zeitnotschlacht an Brett 8 die Entscheidung fallen. Hier erwies sich Marco Prillwitz als der Spieler mit den besseren Nerven. Mit wenigen Sekunden auf der Uhr büßte der Stuttgarter Nicholas Reus zunächst seinen Mehrbauern und dann eine Qualität ein. Als er in der daraus resultierenden Verluststellung auch noch die Zeit überschritt, war der zwischenzeitlich nicht mehr für möglich gehaltene Gmünder Auswärtssieg perfekt.
Gmünd zieht damit in der Tabelle an den Stuttgarter Schachfreunden vorbei und verabschiedet sich als Zweiter in die Weihnachtspause. Am 5. Spieltag geht es in den Bodenseekreis nach Tettnang, wo Gmünd hofft, an den heutigen Erfolg anschließen zu können.